
Foto: Midjourney AI - AbsolutText & Media
Binnen-I, Gendersternchen oder Doppelpunkt: Gendergerechte Sprache zeigt sich in vielen Varianten. Wissen Sie, welche Formen gerade aktuell sind und welche schon wieder nicht mehr verwendet werden? Oder wie Sie richtig gendern? Denn hier lauern einige Fettnäpfchen, die gar nicht so selten passieren. Wir haben die Antworten für Sie und beleuchten dabei auch die Pros und Kontras des Genderns.
Fakt ist, Gendern spaltet unsere Gesellschaft, weil es unterschiedliche Meinungen und Überzeugungen über Geschlechterrollen, Sprache und politische Korrektheit berührt.
Während Befürworter:innen geschlechtergerechter Sprache den Ansatz als notwendig für
Gleichberechtigung und Inklusion ansehen, empfinden Kritiker es als übermäßige politische Korrektheit, die die Sprache unnötig verkompliziert. Diese unterschiedlichen Perspektiven haben zu intensiven Debatten und einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft geführt.
"Geschlechtergerechte Sprache ist nicht nur ein akademisches Problem. Für Unternehmen geht es beim Gendern auch darum, Zielgruppen anzusprechen. Und das sollte zeitgemäß, grammatikalisch korrekt und zielgruppenrelevant umgesetzt werden."
Claudia Drobny-Oertel, AbsolutText & Media
Die Macht der Sprache
Sprache hat eine unglaublich starke Wirkung. Und sie hat Macht – viel Macht. Sprache schafft Bewusstsein und erzeugt Emotionen. Sie kann versöhnlich und inklusiv sein. Aber genauso auch verletzend und ausgrenzend.
Sprache kann unser Denken und Handeln beeinflussen, Emotionen und Stimmungen verändern und sogar unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. Die Art und Weise, wie wir sprechen und welche Wörter wir dabei wählen, hat somit Auswirkungen auf zwischen-menschliche Interaktionen, Beziehungen und auf die Gesellschaft.
Was fÜr Gendern spricht
Eine gendergerechte beziehungsweise geschlechterinklusive Sprache steht für das Sichtbarmachen und die Gleichstellung aller Geschlechter. Dabei werden weibliche, männliche, nichtbinäre, inter- und transgeschlechtliche Personen gleichermaßen
angesprochen und gleichwertig in den jeweiligen Diskurs einbezogen.
Sprache legt bestehende Machtstrukturen und Hierarchien in unserer Gesellschaft offen
und kann diese sogar verstärken. Bestimmte Wörter oder Ausdrücke können verwendet
werden, um eine Gruppe von Menschen zu diskriminieren oder auszugrenzen.
Dieser Effekt funktioniert ebenso in die andere Richtung: auch das Nicht-Verwenden von
Begriffen führt zu Diskriminierungen. Wenn folglich im täglichen Sprachgebrauch nur das generische Maskulin, also die explizit männliche Form, verwendet wird, dann werden damit alle anderen Geschlechter automatisch unsichtbar gemacht.
"Gerade bei den Jüngeren ist gendergerechte Sprache ein Muss. Wer das als Unternehmen ignoriert, verliert zwangsläufig Umsatz, weil sich viele Menschen nicht angesprochen fühlen."
Claudia Drobny-Oertel, AbsolutText & Media
Auch der Verweis, dass beispielsweise Frauen in bestimmten Formulierungen mitgemeint sind, reicht nicht aus. Denn in Texten, wo nicht ausdrücklich auf alle Geschlechter hingewiesen wird, werden sie auch nicht mitgedacht oder gar einbezogen. Und das kann bei einer Werbebotschaft, die auch Frauen einschließen soll, schnell nach hinten losgehen.
Wie schon der berühmte Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut Paul Watzlawick richtig festgestellt hat: "Man kann nicht nicht kommunizieren."
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Kritikpunkte am Gendern
Die Argumente gegen das Gendern sind vielfältig und zeigen die Komplexität und die polarisierenden Aspekte des Themas. Ein Punkt, der sich in der öffentlichen Diskussion hartnäckig hält, ist die schwere Lesbarkeit gegenderter Texte. Texte können nicht mehr flüssig gelesen werden und sind durch diese Schreibweise unnötig lange oder kompliziert. Wir sagen Jein.
Wenn Sie sich als Unternehmen für das Gendern entschieden haben, können sie diesem Aspekt entgegenwirken, indem Sie auf geschlechterneutrale Formulierungen zurückgreifen. Diese sind eine ideale Wahl, da sie einerseits alle Personengruppen ansprechen und andererseits leicht verständlich und auch optisch angenehm zu lesen sind. Aus „Studentin und Student“ werden so beispielsweise „Studierende“.
Drei weitere häufig argumentierte Kontras, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten:
1. Natürlicher Sprachwandel:
Einige sind der Meinung, dass Sprache ihren natürlichen Entwicklungsprozess durchlaufen sollte, ohne künstlich verändert zu werden, um politische oder soziale Ziele zu erreichen.
2. Übertriebene politische Korrektheit
Gegner:innen des Genderns befürchten, dass geschlechtergerechte Sprache zu einer übermäßigen politischen Korrektheit und Zensur führt, die Meinungsfreiheit einschränkt.
3. Effektivität
Kritiker:innen bezweifeln, dass Gendern tatsächlich zu einer signifikanten Verbesserung
der Geschlechtergleichstellung führt und sehen es als symbolische Geste, die nicht die
tieferen gesellschaftlichen Probleme angeht.
"Wir arbeiten täglich mit Sprache. Die Lesbarkeit des Contents, den wir entwickeln, ist für unsere Kundinnen und Kunden essentiell. Wenn man weiß, wie man richtig gendert, hört Lesbarkeit auf, ein Argument gegen das Gendern zu sein."
Claudia Drobny-Oertel, AbsolutText & Media
Formen gendergerechter Sprache
Bis heute hat sich die geschlechterinklusive Sprache einem stetigen Wandel unterzogen und eine Vielzahl an Varianten hervorgebracht. Diese lassen sich in zwei Kategorien unterteilen:
1.Formen mit Genderzeichen
Bei dieser Variante werden die unterschiedlichen Geschlechter mit Hilfe von Sonderzeichen beziehungsweise Genderzeichen sichtbar gemacht. Zu diesen Stilen zählen:
Gendersternchen (Asterisk, *)
Das Gendersternchen ist aktuell – gemeinsam mit dem Doppelpunkt – die populärste Form der gendergerechten Schreibweise. Der Genderstern repräsentiert mehr als zwei Geschlechter.
Doppelpunkt (:)
Der Doppelpunkt ist die neueste Form der gendergerechten Sprache und gilt auch als die lesefreundlichste Variante dieser Kategorie. Warum? Weil er in Sprachausgabeprogrammen als kurze Pause gelesen wird und daher auch blinde Menschen beziehungsweise Menschen mit Sehbehinderung berücksichtigt.
Unterstrich (Gender-Gap, _)
Wie das Gendersternchen und der Doppelpunkt, repräsentiert auch der Unterstrich die Vielfalt der Geschlechter. Allerdings steht der Gender-Gap in der Kritik, als Defizit gelesen zu werden und damit negativ konnotiert zu sein.
Binnen-I
Das Binnen-I ist wohl eines der bekanntesten Zeichen gendergerechter Sprache. Obwohl es sehr stark verbreitet ist und lange Zeit eine beliebte Form war, ist es heute nicht mehr zeitgemäß. Denn das Binnen-I repräsentiert nur das männliche und das weibliche Geschlecht und schließt folglich alle anderen aus.
Aus diesem Grund ist die Verwendung des Binnen-I auch nicht am Puls der Zeit und daher eher nicht mehr zu empfehlen.
2. Formen ohne Genderzeichen
Diese Variante kommt ganz ohne Sonderzeichen aus. Hierzu gehören:
Geschlechtsneutrale Bezeichnungen
Bei dieser Variante werden Begriffe so formuliert, dass kein eindeutiges Geschlecht erkennbar ist und somit alle Menschen gleichwertig gemeint sind.
Sie ist inklusiv und zugleich absolut lesefreundlich. Daher sind neutrale Bezeichnungen eine ideale Möglichkeit, eine geschlechterinklusive Sprache barrierefrei zu verwenden.
Paarform
Bei der Paarform werden nur die männliche und die weibliche Form genannt. Diese Schreibweise schließt nicht alle Geschlechtsidentitäten ein, ist also nicht inklusiv, und daher ebenso wie das Binnen-I kein bevorzugter Genderstil.
Gendern – so geht es richtig
Korrekt zu gendern ist gar nicht so selbstverständlich, wie es vielleicht klingen mag. Ein häufiger Fehler ist, dass die Sonderzeichen wahllos gesetzt werden.
Die Faustregel lautet: Das jeweilige Genderzeichen wird immer zwischen der männlichen und der weiblichen Endung eines Wortes positioniert.
Exemplarisch finden Sie in der nachstehenden Tabelle Beispiele für eine gendergerechte Schreibweise mit und ohne Sonderzeichen.
| Singular | Plural |
Gendersternchen (*) | Mitarbeiterin Vorgesetzter | Mitarbeiterinnen Vorgesetzte oder Vorgesetzten |
Doppelpunkt (:) | Mitarbeiter:in Vorgesetzte:r | Mitarbeiter:innen Vorgesetzte oder Vorgesetzten |
Unterstrich (_) | Mitarbeiterin Vorgesetzter | Mitarbeiterinnen |
Binnen-I | MitarbeiterIn VorgesetzteR | MitarbeiterInnen Vorgesetzte oder Vorgesetzten |
Paarform | Mitarbeiter und Mitarbeiterin Vorgesetzte und Vorgesetzter | Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Vorgesetzte oder Vorgesetzten |
Geschlechtsneutral | Teammitglied, Personal Führungskraft | Team, Personal Führungskräfte |
Die Weglassprobe
Es gibt jedoch auch Wörter, die nicht mit Sonderzeichen gegendert werden können. Zur Überprüfung, ob eine gendergerechte Sprache mit einem Sonderzeichen funktioniert, dient die sogenannte Weglassprobe.
Bei dieser Methode wird zunächst das gesamte Wort gelesen und dann nur der Teil bis zum Genderzeichen. Sind beide Teile grammatikalisch korrekt und ergeben Sinn? Dann können Sie hier ein Sonderzeichen verwenden.
Zu den Begriffen, die nicht mit Sonderzeichen geschlechterinklusiv geschrieben werden können, zählen beispielsweise Kollegin und Kollege, Kundin und Kunde sowie Expertin und Experte. Bei diesen Beispielen wird mit Hilfe der Weglassprobe schnell klar, dass der Teil vor dem Sonderzeichen Kolleg, Kund oder Expert lauten würde. Und keines dieser Wörter existiert.
Am besten verwenden Sie hier stattdessen eine geschlechtsneutrale Formulierung. Das Plus von neutralen Formulierungen: Sie bieten Flexibilität in Texten, indem sie mit anderen gendergerechten Ansätzen, wie dem Genderstern oder der Doppelpunkt-Variante, kombiniert werden können.
Einheitlichkeit – ein Muss
Last but not least: Eine der wichtigsten Regeln beim Gendern ist, dass die Formulierungen einheitlich sind. Ein Mix aus den unterschiedlichen Varianten wirkt chaotisch und unprofessionell. Wenn Sie sich also zum Beispiel für die Version mit Doppelpunkt entschieden haben, bleiben Sie auch bei dieser.
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